Cararra 1795-1878 Rom

Porträtbüste des deutschen Arztes und Begründers der Homöopathie Christian Friedrich Samuel Hahnemann

Marmor
Rom, datiert 1821
Rückseitig signiert und datiert: L. Bienaimé f. Roma 1821 
Höhe: 51 cm

Detailbeschreibung

In dem selben Jahr, in dem die Büste entstand, zog Dr. Samuel Hahnemann (Meissen 1755-1843 Paris) nach Köthen, um dort seinen Patienten und Logenbruder Herzog Ferdinand von Anhalt-Köthen zu behandeln. Dort wurde ihm erstmals die Verfertigung eigener Arzneien schriftlich garantiert. Geschützt vom anhaltischen Fürsten, konnte er erfolgreiche Behandlungen und die Herstellung wirksamer Medikamente durchführen. Daher kommt der Herzog auch als Auftrageber für die Marmorbüste in Betracht, weil Hahnemann im gleichen Jahr als Leibarzt in dem kleinen Herzogtum berufen wurde.

Als Nachfolger von Herzog Friedrich trat 1830 sein Bruder Heinrich von Anhalt-Köthen (1778-1847) die Herrschaft an. Auch dieser ist der Nachwelt durch seine langjährige Förderung der Homöopathie von ihren ersten Anfängen bekannt. Hahnemann verblieb mit seiner großen Familie fast 14 Jahre in Köthen, und hier entstanden viele seiner wichtigsten Werke, ehe er 1834 eine französische Patientin heiratete und mit ihr nach Paris zog, wo er 1843 verstarb.

Hahnemann wurde als Kind des Meissner Porzellanmalers Christian Gottfried Hahnemann geboren. 1775 begann er ein Medizinstudium in Leipzig, daß er 1779 in Erlangen abschloß. In den Folgejahren praktizierte er als Arzt, Chemiker, Übersetzer und Schriftsteller in vielen nord- und mitteldeutschen Städten. Weitere Stationen Hahnemanns waren u.a. Molschleben, Göttingen, Pyrmont (1794), Wolfenbüttel, Braunschweig (1795) und Königslutter (1796-1799). Er publizierte weiterhin eifrig, insbesondere chemische und pharmazeutische Übersetzungen und eigene Schriften.

1810 schließlich veröffentlichte Hahnemann die erste Auflage seines Grundlagenwerks zur Homöopathie, damals noch unter dem Titel „Organon der rationellen Heilkunde" (spätere Auflagen tragen den Titel „Organon der Heilkunst").Dieses Werk enthielt bereits alle Wesenszüge der Homöopathie, wurde aber in den kommenden Jahren noch erheblich überarbeitet und ergänzt. Es ist bis heute das theoretische Werk der Homöopathie geblieben.

1811 zog Hahnemann nach Leipzig um. Dort gelang es ihm 1812 mit einem weiteren wissenschaftlichen Werk („De Helleborismo veterum", d.h. über den Gebrauch der Nieswurz bei den Alten = antiken Autoren), die Lehrbefugnis an der Universität zu erlangen. Hahnemann wurde nun tatsächlich zum Begründer einer heilkundlichen Richtung, sammelte Schüler um sich, vermochte sein Arzneiprüfungsprogramm mit neuen Kräften (insbesondere seinen Studenten und seinem ältesten Sohn) fortzusetzen und Vorlesungen über die Homöopathie zu halten - und wurde in ausgedehnte akademische Fehden verwickelt, da er unter den Medizinprofessoren auch erbitterte Gegner hatte.

In seiner Leipziger Zeit unterhielt Hahnemann auch eine ausgedehnte Praxis. Sein bekanntester Patient war, neben Friedrich Wieck, dem Vater von Clara Wieck (spätere Clara Schumann), Karl Philipp Fürst zu Schwarzenberg, österreichischer Generalfeldmarschall, der als Sieger von Leipzig sehr populär war (selbst Goethe kommentierte diese Entscheidung Schwarzenbergs interessiert). Der schwerkranke Fürst, der bereits alle möglichen anderen Ärzte in Anspruch genommen hatte, verstarb schließlich aber trotz aller Anstrengungen im Oktober 1820. In diese Zeit fiel auch der „Leipziger Dispensierstreit": Hahnemann, der ja über ausgedehnte chemische und pharmazeutische Kenntnisse verfügte, bestand darauf, seine homöopathischen Arzneien selbst herstellen zu dürfen, worauf ihn drei Leipziger Apotheker verklagten, da die Apotheker das Privileg besaßen, als einzige Arzneien verfertigen zu dürfen. Er endete 1820 mit einem Kompromiss: Die Apotheker behielten ihr hergebrachtes Dispensierrecht, Hahnemann durfte jedoch in Notfällen, insbesondere auf dem Land, auch selbst Medikamente zubereiten.

Zwischen 1780 und 1805 ließ sich Samuel Hahnemann in über 20 verschiedenen Orten nieder, fast alle davon liegen in Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Niedersachsen. Zu den genauen Hintergründen seiner häufigen Umzüge äußerte er sich nie genau, doch spielten Konflikte mit der jeweiligen Ärzte- und Apothekerschaft sicher eine entscheidende Rolle, da er darauf bestand seine homöopathischen Arzneimittel selbst herzustellen, dieses Privileg der Herstellung zu dieser Zeit aber nur Apotheker besaßen.

Im Jahre 1830 starb Hahnemanns erste Frau in Köthen; vier seiner Töchter unterstützten ihn nun in seiner ausgedehnten Praxis. In die 1830er-Jahre fielen auch erbitterte Kämpfe um die Reinheit der neuen Lehre, die besonders in den Auseinandersetzungen um das erste homöopathische Krankenhaus in Leipzig, das 1833 begründet wurde, Gestalt annahmen.

Hahnemann starb am 2. Juli 1843 in Paris, vermutlich an einer Lungenentzündung. Er wurde zunächst auf dem Friedhof Montmartre beigesetzt, später (1898) zusammen mit seiner zweiten Frau auf dem Friedhof Père Lachaise begraben. Auf seinem Grabstein steht „Non inutilis vixi", wie er es sich gewünscht hatte: Ich habe nicht unnütz gelebt.Am 10. August 1851 wurde im Rahmen einer Tagung des Homöopathischen Central-Vereins ein Denkmal für Hahnemann in Leipzig enthüllt. Die Inschrift lautet: "DEM // GRÜNDER DER HOMÖOPATHIE // SAM. HAHNEMANN // GEB. ZU MEISSEN D. 10. APRIL 1755 // GEST. ZU PARIS D. 2. JULI 1843 // VON // SEINEN DANKBAREN SCHÜLERN // UND VEREHRERN"

Im Jahre 1900 wurde in Washington (D.C.) ein mächtiges Hahnemann-Denkmal errichtet und feierlich eingeweiht. In den USA war damals die Homöopathie sehr weit verbreitet, und US-amerikanische Homöopathen hatten nicht weniger als 75.000 $ für das Monument gesammelt. Es trägt die Inschrift Similia similibus curentur, die kürzeste Zusammenfassung des homöopathischen Prinzips: Ähnliches soll mit Ähnlichem geheilt werden.

In Hahnemanns längstem Wirkungsort Köthen wurde 1897 ein Denkmal errichtet, das zugleich auch dem Gründer der Köthener homöopathischen Klinik, Arthur Lutze (1813-1870), gewidmet ist.

Der Bildhauer der Hahnemann-Büste:

Luigi Bienaimé wurde am 4. März 1795 als Sohn von Francesco Giusepppe und Maria Caterina Tosi geboren. In seiner Heimatstadt Carrara erhielt er seine erste künstlerische Ausbildung an der dortigen Akademie der bildenden Künste. Hier befinden sich noch einige dort entstandenen Werke, so etwa eine „David"-Darstellung und zwei Flach-Reliefs. Mit 22 Jahren ermöglichte ihm der Rompreis und das damit verbundene Stipendium einen längeren Aufenthalt in dieser Stadt.

Bienaimé fasste schnell Fuß in Rom und wirkte zunächst als Gehilfe in der Werkstatt eines der beliebtesten Bildhauer seiner Zeit: Bertel Thorvaldsen; dieser setzte ihn später sogar als Werkstatt-Leiter ein. Ein weiteres seiner Frühwerke, ein „Johannes der Täufer" von 1820 befindet sich im Metropolitan Museum of Art in New York. Eine Gruppe, welche „Amor eine Taube tränkend" darstellt, wird im Winterpalais in St. Petersburg verwahrt.

Als sein Lehrmeister Thorvaldsen 1844 starb, wickelte Bienaimé die Geschäfte seines Dienstherrn ab und eröffnete selbst ein größeres Atelier. 
Zwischen 1855 und 1860 wirkte Bienaimé schließlich als freier Bildhauer in Florenz und schuf zumeist lyrische, ideale und religiöse Figuren. In hohem Alter starb der Bildhauer am 17. April 1878 in Florenz.

Das Bemerkenswerte an der Hahnemann-Büste ist die frühe Datierung 1821. Zu diesem Zeitpunkt war der Künstler 26 Jahre alt und hielt sich auf Grund eines Stipendiums in Rom auf. Wo die Begegnung zwischen Bildhauer und Modell stattgefunden hat, ist nicht überliefert. Die Büste zeigt ausdrucksstarke Züge des inzwischen 66 Jahre alten Hahnemann, die gleichzeitig Sensibilität und Entschlossenheit des Dargestellten bezeugen.