2. Hälfte 19. Jahrhundert, tätig in Malkwitz bei Breslau (Wroclaw)

Sammler-Kabinett für den  Breslauer Medizinalrat Professor Dr. Lebert

Mahagoni, teilweise eboniosiert, vergoldete Messingleisten und Bronzebeschläge

Breslau, datiert 1869
Höhe: 152 cm, Breite: 86,5 cm, Tiefe: 58,5 cm

Detailbeschreibung

Das Lebertsch’e Kabinett gehörte einer bekannten Breslauer Mediziner-Familie, deren Name Levy im 19. Jahrhundert im Zuge einer Christianisierung in Lebert umbenannt worden war. Als berühmtester Vertreter gilt der Pathologe und Mediziner Hermann Lebert (Breslau 1813-1878 Bex). Nach dessen Studium in Berlin, Zürich und Paris war er von 1859 bis 1874 Professor der Medizinischen Klinik in Breslau. Sein Vater war der Geheime Medizinalrat Isidor Jacob Lebert, der das Sammler-Kabinett 1809 möglicherweise zum Dank für seine ärztliche Kunst erhielt.

An der Türfront befindet sich eine eingelassene silberne Platte, die mit folgender Widmungsinschrift graviert ist: Gewidmet der hohen medi. Wissenschaft d. geh. Medicinalrath Herrn Professor Dr. Lebert zu Breslau Aus Dankbarkeit vom Tischler Mstr. Ed. Tilgner aus Malkwitz, d. 20. Jan. 1869. Ungewöhnlich und höchst selten ist die Widmung des Möbels, die sowohl den Eigentümer als auch den Hersteller mit Namen nennt. Dieser Glücksfall macht es möglich die Herstellung des Möbels in Schlesien zu lokalisieren.

Ganz im Sinne der klassizistischen Kunstauffassung und in der Nachfolge des berühmten deutschen Ebenisten David Roentgen entstand hier ein außergewöhnlich hochwertiges Möbel. Über einem wenig hervorkragenden, mehrfach profilierten Sockel mit über Eck gestellten seitlichen, kannelierten Säulen erhebt sich die glatte Front des Schrankes, der oben mit einem Dreiecksgiebel abgeschlossen wird. Die Front besteht aus einer rechts mit zwei Scharnieren angeschlagenen Tür, die durch sechs Füllungen inklusive silberner Widmungsplakette in der Mitte strukturiert ist. Das Innenleben des Schrankes offenbart die ursprüngliche Nutzung des Möbels. Vierzehn schmale, mit jeweils zwei Handhaben versehene Schubladen werden offenbar.

Derartige Möbel sind Sammlungsschränke für beispielsweise Münzen oder Grafiken. Ursprünglich stammt dieser Möbeltypus aus fürstlichen Kunstkammern. Kaiser, Könige und Fürsten richteten sich seit dem Mittelalter Kunst- und Naturalienkammern ein. Auch Medaillien und Münzen wurden schon sehr früh gesammelt. Das gehobene Bürgertum übernahm diese Sammelleidenschaft und benötigte dafür Aufbewahrungsmöglichkeiten wie dieses Möbel, das seinen Zweck und seinen wertvollen Inhalt von außen nicht sofort offenbart.