Detailbeschreibung
Das höfische Tafelschmuck-Ensemble besteht aus drei Komponenten, nämlich zwei ovalen Deckelterrinen und einer großen runden Terrine, jede aus insgesamt vier Bestandteilen zusammengefügt: Gefäß mit seitlichen Griffen, Deckel, Einsatz und Presentoir. Ein großer Glücksfall ist das Vorhandensein der ovalen bzw. runden Einsätze („doublure"), in denen die Speisen aus der Küche geholt wurden und in die schweren Goldschmiedearbeiten auf dem Tisch eingesetzt wurden. Die spiegelnd glatten Wandungen und der zurückhaltend verwendete Dekor sowie die insgesamt sehr klare Formensprache der großen, 1788 entstandenen Gefäße machen sie zu typischen Beispielen des frühen Wiener Klassizismus.
Die große runde Terrine ist eine sogenannte Pot d'oille, die den Mittelpunkt einer Speisetafel einnahm. Der Form nach ist sie eine tiefe, runde Schüssel mit zwei Henkeln, sowie einem Deckel mit Knauf. Ursprünglich wurden sie speziell für das Lieblingsgericht des französischen Königs Ludwig XIV. - einem Fleischtopf nach spanischem Rezept - entworfen. Wie das Surtout blieben die repräsentativen Stücke bis zum Ende der Mahlzeit in der Tischmitte stehen. Zwei Terrinen weisen eine ovale Form auf und dienten als „soupieres".
Ignaz Sebastian Würth (1747-1834), Sohn von Caspar Würth, entstammt einer renomierten Familie von Wiener Goldschmieden. 1768 wird er Meister und erhält 1827 den Titel eines Hofsilberarbeiters. Aus seinen geleisteten Steuerzahlungen läßt sich ein beträchtlicher Produktionsumfang ablesen. Seine über 50 Jahre lang bestehende Werkstatt bedingte, das der Goldschmied sowohl noch in Rokokoformen arbeitete als auch später den Klassizismus in der Wiener Goldschmiedekunst beispielhaft vertrat.
Literatur:
Hans Ottomeyer, Olla podrida und Pot d'oille: Leitfossile europäischer Tafelkultur, in: Hans-Jürgen Teuteberg (Hg): Essen und kulturelle Identität, Berlin 1997, S. 165
Waltraut Neuwirth, Wiener Silber, Namens und Firmenpunzen 1781-1866, Selbstverlag Dr. Waltraut Neuwirth, Wien 2002, S. 194, P 1490-1508.